The Journey Goes On

Gemeinsam unterwegs...

Die letzten zehn Tage…

…waren in der Planungsphase unserer Reise nie vorgekommen. Innerhalb weniger Tage mussten wir so viele Entscheidungen fällen und wieder verwerfen, dass ich kaum glauben kann, dass ich vor einer Woche mit Kira und Nele noch einen traumhaften Nachmittag hoch zu Ross in Glenorchy verbracht habe.

Oli verfolgte ja schon seit geraumer Zeit die Entwicklung des Corona-Virus sehr genau und machte sich entsprechende Gedanken und Sorgen. Ich war – wie so oft bei uns – mal wieder deutlich entspannter – die vielen besorgniserregenden Nachrichten kamen ja aus Ländern, die sehr weit weg von Neuseeland sind.

Am 14. März entschieden wir uns dann unsere Reiseroute abzuändern. Anstatt nach Namibia zu fliegen, wollten wir drei Monate in Australien verbringen, eventuell das Visum dort dann auch nochmals verlängern. Wir machten Pläne für die letzten zehn Reisetage in Neuseeland, alle durften nochmals letzte Wünsche für Neuseeland äußern und planten noch eine letzte Wanderung mit Hüttenübernachtung in der Nähe von Queenstown. Die Hüttenpässe hierfür kauften wir noch im DOC-Center in Queenstown – bis heute befinden sie sich in meinem Geldbeutel.

Am 15. März erhielten wir abends über die Sicher-Reisen-App die Mitteilung, dass Australien eine Quarantäne von 14 Tagen einführen wird, auch für Personen, die aus Neuseeland einreisen. Damit hatten wir nicht gerechnet. Unsere Alternativplan 1 war nach wenigen Stunden also schon hinfällig. Und nun? Frühzeitig nach Deutschland zurückzukehren war für uns beide keine Option. Hier in Neuseeland gab es ein paar wenige Fälle, das Land ist super-dünn besiedelt, wir sind eh nur im Camper unterwegs und haben wenige soziale Kontakte. Die größte Gefahr sich anzustecken war definitiv am Flughafen oder im Flugzeug. Über social media erreichten uns Nachrichten, dass manche Personen bis zu 80 Stunden unterwegs waren, um von Neuseeland nach Deutschland zu kommen. Sie hatten Flüge gebucht, die wenig später schon gecancelt waren. Solch ein Chaos wollten wir unseren Kindern nicht zumuten.

Allerdings besitzen wir nur ein Visum bis zum 28. März 2020 – das müssten wir dann verlängern. Der Montag stand dann ganz unter dem Zeichen der Visabeschaffung. Oli bekam telefonisch sehr ausführliche Informationen und machten sich dann daran alle Unterlagen zusammenzusuchen. Zum Glück hatten wir viele Dokumente bereits in Deutschland eingescannt! Am Donnerstag ließen wir noch kurz Fotos von uns beim Fotografen anfertigen und kurz darauf konnten wir unsern Online-Antrag abschicken und versuchten bei einer schönen Wanderung wieder zurück in den Reise-Modus zu finden – was uns aber nur bedingt gelang.

Am nächsten Tag waren wir bereits im Besitz eines temporären Visums – so fix kann es gehen! Ab diesem Moment waren wir wieder einigermaßen guter Dinge und nahmen die Reiseplanung wieder auf – aber gleichzeitig verfolgten wir natürlich sehr genau die Entwicklung in Neuseeland und auf der ganzen Welt.
Unser neuer Plan sah nun so aus: Wir wollten noch eine Weile in der Nähe von Queenstown bleiben, dann ganz runter an die Südspitze fahren und mit immer näherkommendem Winter wieder Richtung Norden fahren, die Fähre auf die Nordinsel nehmen und im Mai  / Juni ganz im Norden von Neuseeland bei milden Temperaturen unsere Reise ausklingend lassen. Das war der Alternativplan 2 und dessen Haltbarkeit hatte ungefähr zwei Tage. In diesen Tagen stiegen auch die Fallzahlen in Neuseeland an und wir registrierten uns vorsorglich auf der Seite des Auswärtigen Amtes für die Rückholaktion von gestrandeten deutschen Touristen. Das Buchen von regulären Rückflügen war zu diesem Termin schon nicht mehr möglich, die meisten Flugverbindungen waren gecancelt.

Am Montag 23. März  – genau eine Woche nachdem wir entschieden hatten, nicht nach Australien zu reisen – erfuhren wir über die Global Monitoring App, dass in Neuseeland ab sofort Warnstufe 3 gültig ist und in 48 Stunden die Stufe 4 ausgerufen wird: Ausgangssperre für alle, nur noch Supermärkte und die ärztliche Versorgung bleiben geöffnet. Zu diesem Zeitpunkt waren wir ungefähr sieben Autostunden von Christchurch entfernt, von dort soll der Abflug von der Südinsel stattfinden. OK, das war es dann mit Alternativplan 2. Wir hätten kein Problem vier Wochen in Quarantäne in einem Cottage zu sitzen und zu warten – aber wer garantiert uns zum jetzigen Zeitpunkt, dass es im August / September überhaupt Flüge nach Europa geben wird…..der Plan sah ja nie vor nach Neuseeland auszuwandern.

Jetzt ist es Dienstagabend, der 24. März. Wir sitzen in Christchurch auf einem Campingplatz, der glücklicherweise noch nicht geschlossen ist. Es gibt keinen Service mehr, wir sollen die Duschen nicht benutzen und unsere Einrichtungen im Camper nutzen. Wir haben Strom und können unser Abwasser entsorgen.

Natürlich sind wir nicht die einzigen Deutschen, die hier sitzen. Und wir wissen, dass wir im Vergleich zu so vielen anderen gestrandeten Touristen auf der ganzen Welt mit Neuseeland das große Los gezogen haben. Es tut gut sich mit anderen auszutauschen, allerdings mit dem entsprechenden Sicherheitsabstand von 1,5 Meter. Für alle hier ist es eine beängstigende Situation, in der wir noch nie waren. Mal wieder wird uns bewusst, welch ein Privileg es ist die deutsche Staatsangehörigkeit zu besitzen. Man kümmert sich, die Informationen über die deutsche Botschaft in Wellington sind verlässlich und jetzt heißt es nur noch warten. Die Stimmung hier ist sehr bedrückend, wenn auch nicht panisch. Ab er es war schon komisch heute bei der Anmeldung am Campingplatz mit der Dame von der Anmeldung zu telefonieren – und dass obwohl sie nur vier Meter von mir entfernt in ihrem Büro hinter der verschlossenen Türe am Schreibtisch saß. Dies ist nicht unser Land, wir sind nur Gäste und daher sind wir immer wieder erstaunt wie freundlich uns die Menschen in dieser extremen Ausnahmesituation begegnen.

Es ist genau das, was Neuseeland für mich ist und zu so einem besonderen Ort auf der Welt macht. Die Menschen nehmen Anteil aneinander – auch wenn sie wissen, dass man sich wahrscheinlich nie wieder sehen wird.

Ich ziehe meinen Hut vor der neuseeländischen Regierung. Ich denke es ist die einzig richtige Entscheidung zu diesem Zeitpunkt für die nächsten vier Wochen alle Aktivitäten einzustellen. Dieses Land hat eine so isolierte Lage, dass sie es schaffen könnten, den Virus in den Griff zu bekommen.

Vor einer Stunde erhielten wir die Nachricht, dass voraussichtlich ab dem 27. März die ersten Ausreisen ab Auckland stattfinden werden. Mal schauen, welche Neuigkeiten es morgen gibt.

2 Kommentare

  1. Liebe Frauke, lieber Oli, liebe Nele und liebe Kira
    Das liest sich nicht besonders ‚energievoll‘. Was für eine ‚Sch …‘! Während ich noch vor einer Woche Karin sagte, wir wären doch besser in NZ geblieben, statt zurück nach CH zu reisen, sieht es jetzt anders aus. Zwar sind auch wir zum ’stay at home‘ verdammt (ausser Lebensmitteleinkäufe, dringliche Arzt- oder Apothekenbesuche), aber immerhin sind wir bei uns zu Hause. Dort ist es zur Zeit auch ‚a…kalt‘ (heute ist’s nur grad 1°C und rund um Bern hat’s geschneit), doch haben wir a) eine Heizung, b) haben wir all unsere Sachen bei uns und c) schlafen wir nicht alle im gleichen Raum / Camper. Da wir mit letzterem, wie ihr ja wisst, auch viel Erfahrung in NZ haben, beneiden wir Euch aktuell nicht (wir stellen uns das noch enger als im ‚Big-Brother-Container‘ vor).
    In der Tat denken wir, dass eine ’normale‘ Abreise in den letzten Tagen nicht mehr möglich gewesen wäre. Chaos total scheint auf den Flugstrecken – oder sollt ich besser schreiben ‚auf den Flugplätzen‘ (weil Fliegen tut ja kaum noch was) – zu herrschen. Also hoffen wir auf ein ‚Rückführaktion‘ durch Deutschland (in der Zeitung lesen wir jeden Tag von solchen Aktionen, doch braucht das Zeit und ist – wie ihr richtig schreibt – NZ wohl nicht der dringlichste Hot-Spot um eigene Leute ‚rauszuholen‘. Anderswo auf der Welt scheint ‚AusländerInnen‘ zum Teil richtig ‚Misstrauen‘ entgegenzuschlagen in der jetzigen Situation. Ein solches Verhalten herrscht in NZ zum Glück nicht. Auch wir waren auf unserer Reise immer wieder beeindruckt über die Freundlichkeit der ‚Kiwis‘ uns gegenüber.
    Jetzt drücken wir Euch die Daumen und hoffen, Ihr könnt – den Umständen entsprechend – das ‚Beste‘ aus der aktuellen Situation machen. Oli kann ja mal die Photos zu einer tollen Präsentation zusammenstellen; wir würden uns extrem freuen, wenn er sie auf einer Plattform sharen könnte und wir einen Link zum Anschauen und in Erinnerungen schwelgen erhalten. Ich (Felix) habe unsere Photos nämlich bis heute noch nicht finalisiert und zu einem ‚präsentablen‘ Produkt verarbeitet. Zuviel an Arbeit (vom Homeoffice), bei gleichzeitigem Unterrichten der Kinder (mit ständigen on-line Terminen mit den Lehrerinnen) hat mich bisher daran gehindert, doch die Hoffnung stirbt zu Letzt.
    Haltet die ‚Ohren steiff‘ (aber nicht vor Kälte) und seid herzlich gegrüsst!
    Karin, Anne-Sophie, Simon und Felix

    • TravelFamily_2020

      31. März 2020 at 8:18

      Lieber Felix, liebe Karin, liebe Anne-Sophie, lieber Felix,
      vielen Dank für euren lieben Zeilen. Nach zwei Tagen Dauerregen waren wir extrem froh, als heute die Sonne wieder schien! Und wenn auch alles so anders gekommen ist, als wir es geplant hatten, so wissen wir doch, dass es uns im Vergleich zu anderen gestrandeten Reisenden noch sehr gut geht. Wir verbringen die Tage mit dem üblichen Schulunterricht, spielen Spiele und gehen an den Strand. Etwas merkwürdig ist nur, dass hier natürlich auch andere deutschsprechende Familien sind, aber aufgrund der Bestimmungen die Kinder nicht miteinander spielen dürfen….
      Auch wenn es räumlich etwas beengt ist, so sind wir hier auf jeden Fall sicherer als in Deutschland….
      Herzliche Grüße
      Frauke, Oli, Kira und Nele

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.