…fragte uns Kira nach den ersten Reisewochen.

Inzwischen sind wir über sechs Wochen unterwegs und unsere Begeisterung für Neuseeland hat sich noch nicht so auf Kira und Nele übertragen. Vordergründig können wir Kira ja nur recht geben: wir reisen in einem westlichen Land, abgesehen von der Sprache unterscheidet sich der Alltag nicht von unserem deutschen Alltag.

Einkaufen
Im Supermarkt erhalten wir viele Produkte, die wir von Zuhause kennen: Barillanudeln in allen Variationen, Kellogs Cornflakes, Ketchup von Heinz und Frischkäse von Philadelphia und (zu Neles großer Freude) Nutella, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Die Tatsache an sich finde ich angesichts der Globalisierung nicht erstaunlich, dass viele Produkte jedoch in Europa hergestellt und bis nach Neuseeland transportiert werden, erstaunt mich doch sehr.
Im Supermarkt schauen wir hier extrem auf die Preisschilder – anders als in Deutschland fallen bei Sonderaktionen die Preise manchmal um bis zu 50 % und zwar täglich und nicht wöchentlich.
Schon beim ersten Einkauf fiel uns auf, dass es gibt keine Plastiktüten gibt, in die unsere Einkäufe verpackt werden könnten. Diese wurden komplett abgeschafft. Auf dem Parkplatz hängen Schilder mit der Aufschrift „Remember your bags“. Wenn ich meine Einkaufstaschen vergessen habe, kann ich nur Stofftaschen kaufen. Auch ist mehr Personal im Einsatz, die Einkäufe werden eingepackt und alles geht ruhiger und mit weniger Hektik zu, als an einer deutschen Supermarktkasse.

Draußen sein
Da wir viel in der Natur unterwegs sind, wurde uns schnell deutlich, wie gut der DOC – die neuseeländische Naturschutzbehörde – hier Aktivitäten im Freien organisiert. Über ihre Internetplattform kann man sich alle möglichen Wanderungen von „very easy walk“ bis „several day trip“ heraussuchen und dort auch gleich die Hüttenübernachtungen buchen, wenn man diese benötigt. Für viele Wanderungen gibt es ausführliche Beschreibungen und die Wanderwege sind hervorragend ausgeschildert. Auch an die Hygiene wird regelmäßig gedacht: zu Beginn und am Ende der Wanderungen finden sich auf jeden Fall WC-Häuschen, oft gibt es auch nach einigen Kilometern Wanderweg die erste „long-drop toilet“ – oft sogar mit Toilettenpapier. So kann die Devise „Poo in a loo“ auch gelebt werden.

Unterwegs sein
Unser Reisetempo ist deutlich langsamer als in Europa. Wir stehen weniger im Stau, kommen aber auch nicht so schnell voran, da die Straßen kleiner und oft sehr kurvig sind. Zum Glück wird keinem in unserer Familie beim Fahren schlecht! Da wir meistens auch an den Fahrtagen vormittags noch unterrichten, sind mehr als 250 Kilometer Fahrstrecke oft nicht drin. Der Highway 1, der auf der Nordinsel Auckland mit Wellington verbindet, gleicht an vielen Stellen eher einer Landstraße. Dafür gibt es erstaunlich viele Rastplätze und wir finden immer schnell mit unserem großen Camper eine passende Stelle zum Anhalten. Ich erinnere mich an Horrorurlaubsfahrten nach Italien, als wir stundenlang keinen Parkplatz mit unserem Wohnwagen fanden, da alle Parkplätze einfach übervoll waren. Es sind einfach so wenig Menschen hier und es gibt so viel Platz!

Menschen
„Kiwis“ haben Vertrauen in ihre Mitmenschen. Es ist mir nicht nur einmal passiert, dass ich gesehen habe, wie jemand sein iPhone und sein iPad in der Gemeinschaftsküche auf den Tisch legte und nochmal kurz zum Camper geht, um das vergessene Salz zum Kochen zu holen. Auf dem Campingplatz gehen unsere Nachbarn den ganzen Tag zum Fischen und lassen den Kofferraum ihres Autos wie selbstverständlich bis zum Abend offen stehen. Roger – unser erster Workaway Aufenthalt – hat uns, obwohl wir nur E-Mail-Kontakt im Vorfeld hatten, verraten, wo wir den Hausschlüssel für sein Wochenendhaus finden. „Macht es euch gemütlich, im Schrank sind Handtücher und nehmt aus dem Kühlschrank was ihr wollt.“ Das würde bei uns kaum jemand machen: eine wildfremde Familie in sein Wochenendhaus einzuladen und selbst erst zwei Tage später nachkommen. Der Busfahrer steigt extra nochmals aus, um sich zu vergewissern, dass wir in den richtigen Anschlussbus einsteigen. Egal, mit wem wir es zu tun haben, die Menschen sind interessiert und herzlich, fragen nach und haben fast immer Zeit für einen kleinen Plausch. Es geht ruhiger und mit weniger Hektik zu. Nicht nur auf dem Land, sondern auch in der Hauptstadt Welington.

Dieses Land und seine Menschen strahlen für mich Ruhe aus. Es ist die Großzügigkeit der Natur, der viele Platz und die wenigen Menschen im Vergleich zu Deutschland, die mich entspannen. Natürlich spielt es auch eine Rolle, dass wir selbst hier nicht in der Alltagsroutine stecken und vieles deutlich relaxter angehen. Und trotzdem: dieses gedrosselte Tempo möchte ich mit nach Hause in meinen Alltag nehmen.